Torfmutte “Delphin”
Die Torfmutte “Delphin” Beschreibung und Historie
DELPHIN Rufzeichen „DPHM“ Baujahr 1930, Länge 15 m, Breite 3,65 m, LÜA 19 m
Stapellauf 1930 auf der Werft Wiese gegr. 1876 in Westrhauderfehn als Torfmutte „Adler“.
Eigner:
1. Frerich Brahms + beide Söhne
2. Stephen Wilms, Spiekeroog
3. H. Friedrichsen, Hamburg
4. SVAOe Hamburg
5. Jutta + Martin Ullrich Hamburg.
Das Schiff war mit einem Glühkopfmotor und mit Großsegel + Fock ausgerüstet.
Tragfähigkeit ca 30 t.
Klappbarer Mast, wohl eine klappbare Schanz, Seitenschwerter und Tiefgang unter 1 m, das
kennzeichnet Lastensegler in Tidengewässern von Holland bis Hamburg.
„Adler“ fuhr bis zum 2. Weltkrieg als Lastschiff in den ostfriesischen Fehn auf der Leda, der Ems
und in den Watten. Torf, Baustoffe, Steine wurden, vielfach durch Frauenarbeit, be- und entladen
und von den meist unbefestigten Ufern über Rampen (Daher Klappschanz) auf Pferdekarren
weiter transportiert.
Während des Krieges haben die beiden Söhne des alten Eigners das Schiff unter einer Brücke
abgesenkt, um es vor der Zerstörung zu bewahren. Beide Söhne fielen im Krieg. Der Alte hat
das Schiff ca 1946/47 wieder gehoben, nachdem so gut wie alles, was an Schiffen noch
schwamm, nach England und Holland als Kriegsbeute verbracht worden war.
Er fuhr noch bis in die 50iger Jahre für einen Baustoffhandel Loga Steine nach Norderney, bis er
endgültig aus Altersgründen das Schiff vor der Haustür liegen ließ.
1961, vor die Wahl gestellt, das Schiff entweder nach Westrhauderfehn zu verholen oder hinter
neu gezogenen Deichlinien verrotten zu lassen entschied man sich für die 1. Lösung und rettete
damit die letzte ostfriesische Torfmutte vor dem Verfall.
1963 kaufte ein Spiekerooger Gast, Stephen Wilms, den nun offenen Rumpf, brachte ihn zur
Bootswerft Bültjer in Ditzum an der Ems und ließ das Schiff mit einem „holländischen“
Kajütdach, neuem Rigg, Seitenschwertern und neuem Innenausbau versehen, „Delphin“ ist also
im Aufbau sowie Farbgestaltung seit nunmehr fast 50 Jahren so gut wie unverändert geblieben.
Diesem Mann verdankt nun „Delphin“ das 2. arbeitsfreie Leben.
Die „Gorch Fock I“ aus Neuharlingersiel mit Fischer Hermanus Jacobs verbringt das fertig
restaurierte Schiff nach Spiekeroog, wo „Delphin“ ca 8 Jahre als Segelschulschiff vielen Gästen
noch heute in sehr guter Erinnerung ist. Die „Gorch Fock II“ mit Fischer Wilhelm Jacobs weiß
heute noch Geschichten von seinem Vater und aus eigenem Erleben sehr detailliert zu erzählen.
1972 wurde „Delphin“ nach Hamburg verkauft. Der Kaufmann Wolfgang Friedrichsen,
Mitbegründer des Museumshafens Oevelgönne, brachte das Schiff als Deckslast zur 200-Jahrfeier
nach New York, wo es verkauft werden sollte.
Nach einigen Segeltouren auf dem Hudsonriver ging der Versuch schief, „Delphin“ an den
amerikanischen Zoll zu verkaufen, der äußerst unangenehm auf diesen Versuch reagierte. Mit
viel Mühe bekam Wolfgang Friederichsen das Schiff wieder mit nach Hamburg.
Als Mit-Gründungsschiff des Museumshafens HH-Oevelgönne kam „Delphin“ nach einem kurzen
Intermezzo über den Segelverein Altona-Oevelgönne (SVAOe) – hier bot die Gemeinde
Westrhauderfehn unter dem Stadtdirektor Furch vergeblich mit – an das Ehepaar Jutta + Martin
Ullrich, die das Schiff nun seit 1983 bis zum Jahr 2014 segelten, pflegten, pflegten + instand
hielten und wieder segelten … .
Die Ullrichs waren 1985 vergeblich in Westrhauderfehn unterwegs, um die Glasplatten des
Stapellaufs von dem Schiff zu erhalten. Ebenso lag das 30-40 cm lange mit „Brahms + Adler“
gekennzeichnete Halbmodell zumindest 1985 noch im Museum Westrhauderfehn. 1986 steuerte
wohl mit der letzte Fehnschipper Anton Hensmanns – der Schwiegervater? Von Till
Heinze/Langholt - „Delphin“ ein Stück auf der Leda durch das damals noch nicht den Weg
versperrende Sperrwerk und hat noch viel über die ex „Adler“ und die extrem schwere Arbeit mit
diesen Schiffen berichtet.
Heute ist unseres Wissens nach kein zweiter existierender hölzerner deutscher Lastensegler
mehr unterwegs, ein Umstand, der auch nachdenklich stimmt.
Hamburg, den 1.5. 2013
Jutta + Martin Ullrich
© Martin Ullrich